bahnhof des lebens

eines morgens um halb neun

zog sie los, wollte nichts versäumen

nahm ihren koffer in die hand

was liegen blieb war ihr verstand

sie rannte los hinaus ins licht

nur viel heller war’s da nicht

etwas später kurz nach zehn

sah ich sie auf dem bahnsteig stehn’

 

wo willst du hin?

wo willst du hin?

 

der erste zug in richtung „leben“

sollte ihr die freiheit geben

sie suchte anerkennung, geld

in jener großen, weiten welt

als um halbzwölf der wagen hielt

warn sieben jahre schon verspielt

der bahnhof war sehr groß und fremd

da wo keiner, keinen kennt

 

sag’ wer ich bin!

sag’ wer ich bin!

 

leere augen auf der flucht

wie jemand der nach liebe sucht

im rausch der lichtgeschwindigkeit

bleibt keine zeit, dass man bereut

doch dann kam der augenblick

ihr zug war weg, sie blieb zurück

trotz aller hast und energie

zwang sie der endspurt in die knie

 

wo führt das hin?

wo führt das hin?

 

und so stand sie da am rand

mit vollem koffer in der hand

fremde stadt, ein fremdes land

ohne sinn, ohne verstand

sie schließt die augen, senkt den blick

spult im zeitraffer zurück

zu dem moment in kindertagen

bis zu der frage aller fragen

 

was ist der sinn?

was ist der sinn?

 

heute abend, kurz nach zehn

bleib ich einfach vor dir stehen

um hier im bahnhof voller seelen

diese geschichte zu erzählen

hab einen traum für dich geträumt

so manchen zug dafür versäumt

du ziehst ein ticket, nimmst die bahn

und kommst am ende bei dir an

 

Thomas Cwik